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PolitikZypern

Zypern bereitet sich auf Evakuierungen aus Nahost vor

Loucianos Lyritsas (aus Nikosia)
9. August 2024

Angesichts der Eskalation in Nahost streichen Fluggesellschaften Flüge nach Israel. Für Reisende ist Zypern deshalb nun die wichtigste Transitstation. Das EU-Land könnte außerdem bald Zufluchtsort für Evakuierte werden.

Eine Menschenschlange an einem Flughafen (Beirut)
Schlange von Ausreisenden am internationalen Flughafen Beirut am 9.08.2024Bild: AFP/Getty Images

Seit der Eskalation im Nahen Osten steht auch das EU-Land Zypern im östlichen Mittelmeer zunehmend im Fokus. Bereits bei der Versorgung der Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen spielte es eine Rolle als Ausgangspunkt für Hilfslieferungen. Nun könnte Zypern auch als Zufluchtsort für Evakuierte und Flüchtlinge aus der Krisenregion dienen. Bereits jetzt sind auf der Mittelmeerinsel zahlreiche Reisende gestrandet, die eigentlich nach Israel wollten, ihren Bestimmungsort aber nicht erreichten.

Denn in der vergangenen Woche haben fast 20 internationale Fluggesellschaften ihre Direktflüge zum und vom Ben-Gurion-Flughafen in Israel gestrichen oder verschoben. Infolgedessen ist Zypern zu einer wichtigen Zwischenstation für gestrandete israelische Reisende geworden. Passagieren, die im Ausland festsitzen, wird zur Zeit empfohlen, nach Zypern oder Griechenland zu reisen. Von dort aus werden sie von israelischen Fluggesellschaften abgeholt und nach Israel zurückgebracht.

Ein Israeli am Flughafen von Larnaka, Zypern, hier in einer Aufnahme vom 12. Oktober 2023Bild: IAKOVOS HATZISTAVROU/AFP/Getty Images

Der Flughafen Larnaka fungiert also nun als wichtiges Transitzentrum für Passagiere, die von der Aussetzung der Flüge großer internationaler Fluglinien betroffen sind, darunter auch Lufthansa, eine für israelische Passagiere wichtige Fluggesellschaft. Der zyprische Verkehrsminister Alexis Vafeades versicherte vor wenigen Tagen gegenüber der zyprischen Nachrichtenagentur CNA, dass "die Flugverbindungen zwischen Zypern und Israel aufrechterhalten werden". Der Minister betonte das Engagement Zyperns, trotz der anhaltenden regionalen Spannungen stabile Reiseverbindungen mit Israel zu gewährleisten.

Über Zypern nach Hause

Derzeit werden von Larnaka aus täglich 14 Flüge abgewickelt, die rund 4000 Passagieren die Reise zwischen Zypern und Israel ermöglichen. Vor den jüngsten Unruhen waren zehn Fluggesellschaften auf dieser Strecke tätig, zwei haben ihren Betrieb inzwischen jedoch eingestellt. Von den acht verbleibenden Airlines sind fünf israelische Fluggesellschaften, eine hat eine israelische Beteiligung, die beiden anderen sind Ryanair und Cyprus Airways. Die Flüge nach Beirut sind von der aktuellen Situation nicht betroffen und werden vorerst regulär weitergeführt.

Der internationale Flughafen von Larnaka auf ZypernBild: Ivan Tykhyi/Zoonar/picture alliance

Angesichts der Befürchtungen einer möglichen Eskalation im Nahen Osten herrscht bei zuständigen staatlichen Stellen der Republik Zypern inzwischen höchste Alarmbereitschaft. Zypern hat sich bereit erklärt, als sicherer Zufluchtsort für die Evakuierung von Staatsangehörigen aus den Kriegsgebieten in Nahost zu fungieren. Länder wie Deutschland und Polen haben bereits ihre Absicht bekundet, ihre Bürger aus Israel oder dem Libanon notfalls über Zypern nach Hause zu bringen.

Enge Abstimmung mit Deutschland

In einer bereits im Mai abgegebenen schriftlichen Erklärung bestätigte der zyprische Außenminister Constantinos Kombos, dass die Regierung die Pläne für die Umsetzung des sogenannten ESTIA-Plans abgeschlossen hat, falls dies notwendig werden sollte. Dieser Plan, der erstmals im Oktober 2023 in Kraft trat, legt die Verfahren für die Aufnahme, Unterbringung und Rückführung von Drittstaatsangehörigen fest, die Kriegsgebiete verlassen.

Kampfflugzeuge auf der Luftwaffenbasis Akrotiri nahe Limassol auf ZypernBild: Petros Karadjias/AP/picture alliance

Zypern hat außerdem einen zweiten Plan mit der Bezeichnung NAFKRATIS aktiviert, der die Evakuierung von EU-Bürgern oder Drittstaatsangehörigen aus dem Libanon über Zypern oder die Bewältigung des erhöhten Flüchtlingsstroms auf dem Seeweg vorsieht. Was den Libanon betrifft, so stimmt sich Zypern eng mit Kanada und Deutschland ab, da sich viele Bürger aus diesen Ländern im Libanon aufhalten. Im Hafen von Larnaka stehen Mitarbeiter von Krisenstäben des kanadischen und deutschen Außenministeriums bereit, um im Falle einer Eskalation der Krise im Nahen Osten Bürger aus dem Libanon in großem Umfang zu evakuieren. Auch die deutsche Luftwaffe hat angekündigt, dabei zu helfen.

Drohungen Nasrallahs

Die geographische Nähe Zyperns zu den Ereignissen im Nahen Osten hat dazu geführt, dass es inzwischen auch zur potentiellen Zielscheibe erklärt wurde. Am 19. Juni 2024 drohte der Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah, dass Zypern als "Teil des Krieges" betrachtet werden würde, wenn Israel zyprische Flughäfen und Stützpunkte für Angriffe auf den Libanon nutzen würde.

Der zyprische Außenminister Constantinos KombosBild: Geert Vanden Wijngaert/AP/picture alliance

Seitdem hat die zyprische Regierung immer wieder betont, dass Zypern niemals Einrichtungen für feindselige Handlungen gegen ein anderes Land zur Verfügung gestellt hat und dies auch in Zukunft nicht tun wird. Eine klare Botschaft der zyprischen Neutralität kam von Außenminister Konstantinos Kombos, der Ende Juli 2024 vor dem Rat für Auswärtige Angelegenheiten in Brüssel erklärte, dass "Zypern nie Teil der Krise war, sondern, wie international anerkannt, Teil der Lösung ist".

Zypern chartert keine Evakuierungsschiffe

Kürzlich korrigierte die zyprische Regierung auch Äußerungen der israelischen Verkehrsministerin Miri Regev über eine mögliche Unterstützung Griechenlands und Zyperns bei der Evakuierung israelischer Bürger. Regev hatte angedeutet, dass Israel "Schiffe aus Athen in Griechenland und Larnaka in Zypern" um Hilfe bitten könnte, um gestrandete Israelis aufgrund von Flugausfällen nach Hause zu transportieren.

Der Regierungssprecher Konstantinos Letymbiotis wies diese Darstellung am Montag dieser Woche (05.08.2024) zurück und erklärte, dass eine solche Aktion Schiffe betreffen würde, die von Israel und nicht von Zypern gechartert werden, und dass dies nicht mit dem zyprischen ESTIA-Plan zur Evakuierung von Bürgern aus Gefahrenzonen in Verbindung gebracht werden sollte.

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