Zypern: UN-Plan vor dem Aus?
Auf der seit 1974 geteilten Mittelmeer-Insel sollen Türken und Griechen am 20. April 2004 in getrennten Volksabstimmungen entscheiden, ob Zypern am 1. Mai wiedervereinigt oder wie bisher geteilt EU-Mitglied wird. Das sieht die vierte Version des Plans von Kofi Annan vor. Die Konfliktparteien treffen sich am Mittwoch zur voraussichtlich letzten Verhandlungsrunde im schweizerischen Bürgenstock bei Luzern.
Schwierige Verhandlungen
Annan hat beiden Seiten ein Ultimatum gestellt. Er will im Falle eines Scheiterns als Schiedsrichter den Plan selbst vollenden und diesen dann der Bevölkerung zur Entscheidung vorlegen. Ohne ausdrückliche Zustimmung der politischen Führer auf griechischer und türkischer Seite zum UN-Plan steigt nach Ansicht von Beobachtern das Risiko, dass ein vereinigter Staat in beiden Abstimmungen abgelehnt wird. Im Mittelpunkt der Verhandlungen steht die Frage der Rückkehr griechischer Zyprer in den türkisch kontrollierten Norden der Insel. Annans Plan zufolge wird die Niederlassungsfreiheit von griechischen Zyprern im Nordteil der Insel abgelehnt.
Schlüsselrolle für Verheugen?
Griechische beziehungsweise griechisch-zyprische Medien haben sich im Vorfeld des Treffens äußerst kritisch zum UN-Plan geäußert. So lange die Niederlassungsfreiheit nicht respektiert werde, könne der Plan keine Zustimmung finden, so die Einschätzung zahlreicher Medien. Die griechisch-zyprische Bevölkerung werde Annans Überlegung mit großer Sicherheit ablehnen. Beobachter sehen darin auch einen Verstoß gegen das EU-Prinzip der Niederlassungsfreiheit. Mit Spannung wird deshalb die Rolle von EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen bei den Verhandlungen in Bürgenstock beobachtet. Die türkische Seite hat bereits eine Änderung des EU-Rechts verlangt, bevor sie der Wiedervereinigung zustimmt.
Reaktionen auf UN-Vorschlag
Türkische Medien zeigten sich dagegen überrascht und zufrieden mit dem neuesten UN-Vorschlag. Annan sei mit seinem Plan vor allem bei den Themen Sicherheit und politische Gleichbehandlung den türkischen Vorstellungen entgegengekommen. Auf Grund des wirtschaftlich schwächer entwickelten Nordens der Insel sollen die Griechen erst dann freien Zugang erhalten, wenn das Bruttosozialprodukt des türkischen Nordens 85 Prozent des griechischen Südens (derzeit etwa 30 Prozent) erreicht.
Bis 2011 könnten Annans Plan zufolge 6000 der derzeit rund 35.000 Soldaten auf Zypern bleiben. Für die Zeit nach einem möglichen EU-Beitritt der Türkei ist die Stationierung von 950 griechischen und 650 türkischen Soldaten vorgesehen. Falls eine Seite bei der Volksabstimmung am 20. April den UN-Plan ablehnt, tritt am 1. Mai nur der griechische Teil Zyperns der EU bei. (sth)